Zirkus Meer
– mehrere 20-minütige Performances mit dem großen Leonardoring oder dem Sphericon über den Nachmittag verteilt –
Walter Moshammer stammt aus Graz, lebt seit 2001 mit Familie in Tirol und ist promovierter Physiker. Er hat in Genf bei der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) und an der Stanford University in Kalifornien gearbeitet, bis er im Jahr 1994 einen klaren Schlussstrich zog, weil er eigentlich immer Akrobatik machen wollte, auch schon während des Studiums akrobatisch aufgetreten war. Er bezeichnet sich als „widersprüchlichen, divergenten“ Charakter. Walter Moshammers Leben ist abenteuerlich, zwei Jahre reiste er als Unterhaltungskünstler auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Karibik und entlang der Küste Kanadas. Seit 2000 ist er Geschäftsführer des Zirkus Meer, entwickelte 2005 den Leonardoring. Moshammer vollführt immer wieder spektakuläre Hochseilüberquerungen. Sein Herz gehöre dem Zirkus, sagt der geprüfte Zeltmeister und beschwört die Magie des Zirkuszeltes als einen Raum für Emotionen, von
dem nach dem Abbau nur ein paar Sägespäne und die Erinnerung bleiben. Moshammer zieht Parallelen zwischen Physik und Akrobatik. Gelinge der doppelte Salto nicht mehr, müsse man zurück zum einfachen Salto, bis der wieder Spaß macht, habe man in der Physik Schwierigkeiten mit einer partiellen Differentialgleichung mit drei Unbekannten helfe es, vorübergehend wieder zurück zu den Grundlagen gehen. Der Leoardoring ist die mit viel Tüftelei, Geduld und Mathematik, unter schmerzhaften Selbstversuchen gelungene Umsetzung einer Idee aus dem 15. Jahrhundert. Das Universalgenie Leonardo da Vinci hinterließ eine Zeichnung von einer Ringstruktur aus Holz, ohne Schrauben, Nägel oder Verdübelung. Die ausgeklügelte Holzlattenverbindung hält dank Haftreibung. Durch Druck wird die Reibungskraft erhöht und die Hölzer gleiten nicht auseinander. Einmal im Rollen dient das Rad natürlich zu beeindruckender Demonstration von Kraft und Körperbeherrschung. Die Artisten zeigen Pirouetten, Handstände, Räder, immer gewagteren Aktionen. Ein gezielter Schlag mit dem Holzhammer lässt das Wunderwerk am Schluss laut klappernd wieder wieder in seine Einzelteile zerfallen, als wär’s ein Traum gewesen.
Nachtrag zum „Sphericon“ von Walter Moshammer selbst: „Dieses Stück ist eine Begegnung von zwei Menschen und einem Rollkörper. Mann und Frau, deren Bewegungen durch dieses einzigartige, aus Holz gebaute Objekt inspiriert sind, begeben sich auf eine lustvolle Reise mit diesem ungewöhnlichen Gefährt. Der mathematische Name dieses Objekts, das im Wesentlichen aus zwei verschränkten Halbbögen besteht, lautet Sphericon. Es wurde von Colin J. Roberts im Jahr 1970 erfunden. Seine pendelnde Fortbewegung generiert verspielt tänzerische Bewegungen in den Akteuren, die sich im Ring finden – um sich dann wieder zu verlieren. Das Sphericon ist Sinnbild für das Leben selbst, das auch alles andere als geradlinig verläuft. Es hebt uns in luftige Höhen um uns dann wieder ganz unten abzusetzen. Manchmal holt es uns sanft ab, ein anderes Mal überrollt es uns. Geben wir uns seinem Fluss hin? Fühlen wir uns getragen? Sind Anspannung und Entspannung in Balance?“